KI_EINLEITUNG


Künstlerische Intelligenz –
Wie Kunst entsteht

Teilnehmende Künstler:innen:


Wolf Bertram Becker, Larissa Böhler, Stefan Böhm, Eva Bruszis, Liilá Choi, Claudia Fischer, Elvira Franz, Thomas Freytag, Peer Galus, Sophie von Hayek, Rainer Jacob, Birger Jesch, Johannes Kaiser, Dennis Klostermann, Marcel Krummrich, Marie-Luise Leonhardt-Feijen, Lorenz Lindner, Susen Reuter, Christian Sachs, Britta Schatton, Linda Schumann, Bettina Schünemann, Wolfgang Schwarzentrub, Uwe Steinbrück, Barbara Toch, Steffi-Babett Wartenberg



Künstlerische Intelligenz: Von Handwerk, Schnittstelle & Prozess

Dr. Cornelia Erdmann & Nina Lundström

Kuratorinnen


Künstliche Intelligenz (KI) ist relativ neu und hat uns in kürzester Zeit in allen Lebenslagen erreicht. Jeden Tag gibt es neue Nachrichten, verbesserte KI-Versionen kommen auf den Markt. Wohin wird das führen? Wir probieren sie zunehmend auf allen möglichen Gebieten aus und lernen gleichzeitig, wie wir mit ihr umgehen (müssten), welche Potenziale und welche Probleme sie mit sich bringt. Eine Erkenntnis, die immer deutlicher wird, ist, dass die KI mit den gleichen Problemen behaftet ist wie unsere Gesellschaft, da sie mit vorhandenen Daten aus dem Internet gefüttert wird. Hier ist eine weiße, männliche Dominanz (noch) vorhanden. Die KI ist somit auch voreingenommen und unreflektiert.

Künstlerische Intelligenz hingegen ist von Neugier, Kreativität und kritisch-reflektierendem Denken geprägt. Kunst scheint daher ein gutes Medium zu sein, um Neues auszuprobieren und Grenzen zu testen. Kann die Techno- logie künstlerischem Schaffen neue Dimensionen eröffnen? Oder kann künstlerische Intelligenz künstlicher Intelligenz wertvolle Impulse und Rahmenbedingungen geben?

Künstler:innen sind von Natur aus neugierig. Kunst entsteht schrittweise. Inspiration bedeutet Neues betrachten und Neugier wecken. Daraus kristallisiert sich eine Idee. Recherche und Experimentieren führen zu ersten Ergebnissen. Jeder Schritt wird reflektiert und die Ergebnisse überarbeitet, bis das Werk vorgestellt werden kann. Künstlerisches Handeln bedeutet auch, Fragen zu stellen und Zustände in Frage zu stellen; Gedanken und Gefühlen Gestalt zu geben, Sinne zu bilden und Sinnlichkeiten zu prägen und dabei soziale Normen zu hinterfragen. Dabei ist künstlerische Intelligenz tief mit unseren menschlichen Erfahrungen, dem kulturellen Kontext und persönlichen Perspektiven verbunden. Es entstehen dadurch zutiefst subjektive und diverse Positionen. Kunst ist deshalb immer auch etwas Interrelationales, ein emergentes Phänomen; sie ist immer mehr als das, was am Ende als Bild, Video, Objekt oder Installation ausgestellt, gesammelt und wahrgenommen wird. Künstlerische Intelligenz ist letztendlich und in Vollendung auch die Interaktion und das Miteinander von Künstler:innen, Kunstwerk und Wahrnehmendem.

Für Künstler:innen ist alles ein mögliches Werkzeug, alles kann eingesetzt werden, um Kunst zu schaffen.
Ein Werkzeug ist das, womit man arbeitet und ein Werk erzeugt. KI kreiert keine Kunstwerke. Sie braucht immer noch den Menschen an der Tastatur, der einen Willen hat, etwas zu erschaffen und/oder eine ausführende Hand für den Output. Es bedarf einer Schnittstelle, an der sich Mensch und Maschine – die analoge und die digitale Welt – berühren müssen, um Kunst mit KI zu schaffen.


Wir sind stolz, in dieser Ausstellung sehr intelligente Kunst zu präsentieren, Werke, die überraschen und inspirieren oder auch provozieren und zum Nachdenken anregen.

Dabei geht es nicht um richtige oder falsche Antworten, sondern sie zeigen deutlich, wie viel Herzblut und Intensität im künstlerischen Schaffen steckt.

Der Aufruf zur Ausstellung ging an die Mitgliedschaft des VBKTh und niemand wusste, wer sich bewerben wird. Sollten es diesmal eher die jüngeren Mitglieder werden, die Arbeiten einreichen? Nur diejenigen, die jetzt schon computerbasiert arbeiten? Stattdessen haben wir Bewerbungen aller Jahrgänge bekommen. Ohne Scheu lassen sie sich auf die Fragestellungen, auf Neues ein, oder betrachten ihr gewohntes (Hand)Werk im neuen Licht.

Um die Ausstellung zu strukturieren, haben wir Kuratorinnen nach Ähnlichkeiten in den Herangehensweisen geschaut. Für uns teilen sich die Werke in drei Gruppen. Wir haben sie Handwerk, Schnittstelle und Prozess genannt. Eine Einteilung ist natürlich immer subjektiv, auch andere Gruppierungen wären möglich gewesen. Aber Menschen teilen ein und ordnen zu, schließen ein und aus, um ihr Wissen zu sortieren. Das tun wir auch.

HANDWERK
In der Gruppe Handwerk sind Künstler:innen, die mit eher traditionellen Techniken arbeiten. Handwerk setzt eine gekonnte Verbindung zwischen Hand und Auge voraus. Die Künstler:innen haben über ihre Lebenszeit Wissen angehäuft, wie sie ihr Material klug (ästhetisch) bearbeiten. Das heißt bei Weitem nicht, dass die Arbeiten nicht originell oder überraschend sind. Das handwerkliche Geschick ermöglicht Erfindungen und Experimente, die nur so zu fertigen sind. Die Künstler:innen arbeiten mit dem Material und vertrauen auf ihr Können. Sie bringen das Material zum Sprechen in vielschichtigen Formen, die vom Betrachtenden sinnlich erfahren werden können. Kunst ist nie nur Handwerk, sie ist Inhalt und Form vereint und sie braucht einen Betrachtenden. Erst beim Erfahren des Kunstwerks entfaltet sich die volle Wirkung. Die Werke dieser Gruppe machen neugierig.

SCHNITTSTELLE

Künstler:innen, die mit Mischformen experimentieren, zeigen wir in der Gruppe Schnittstelle. Sie bewegen sich über Genres hinweg, kombinieren neu. Computer und digitale Techniken sind bei vielen Voraussetzung, um ihr Werk zu schaffen, KI nicht unbedingt. Da aber Formen von KI schon heute in manchen Computerprogrammen integriert sind (z.B. Fotofilter), lässt sich nicht immer ganz klar sagen, wann man wirklich mit KI arbeitet. Das steht aber auch nicht im Vordergrund für die Künstler:innen dieser Gruppe. Sie nutzen digitale Technik, weil diese ermöglicht, was sie erreichen wollen. Manche experimentieren auch mit KI, aus Neugier, um zu erfahren, wie dadurch die eigene Arbeit verändert werden kann. Hier ist KI nicht Ersatz der eigenen Arbeit, sondern eine Erweiterung der Möglichkeiten. Oder sie wird als spielerischer Vergleich von verschiedenen Intelligenzen sichtbar.

PROZESS

In der Gruppe Prozess übernimmt die generative Technik eine große Rolle. Hier finden wir Arbeiten, die sich voll und ganz auf KI einlassen. Mit Hingabe wird die Technologie ausprobiert und deren Möglichkeiten werden kritisch reflektiert. KI ist ein neues Werkzeug im Werkzeugkasten. Im Umgang mit KI wird ausgelotet, was künstlerisch und ästhetisch möglich oder gar sinnvoll ist. Wo sind heute die Grenzen? Wie weit kann man KI „kitzeln”, um Ergebnisse zu bekommen, die neue oder andere und sinnvolle Wege gehen? Wofür ist KI ungeeignet? Algorithmen sind keine Zufallsgeneratoren, sondern sie liefern voreingenommene Ergebnisse. Als Künstler:in möchte man nicht die Kontrolle abgeben, sondern eher das Unkontrollierbare in den Schaffensprozess integrieren. Fluch und Faszination sind Schlagwörter, die wir oft hören, wenn es um KI geht. Die ausstellenden Künstler:innen untersuchen, was sich dahinter verbirgt. Es entstehen Werke, die sowohl sinnlich als auch kritisch sind.


Mit den drei Gruppen präsentieren wir drei Herangehensweisen – verschiedene Formen von Kunst. Wir laden Sie ein, durch die Ausstellung zu gehen und sich von künstlerischer Intelligenz beeindrucken zu lassen und zu sehen, auf wie vielen Wegen Kunst entsteht.



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